Aktuelles
September 2022
Ali Moradzadeh, LL.M.
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht
Fachanwalt für Verwaltungsrecht
Rückabwicklung von Grundstückskaufverträgen
Die Immobilienbranche ist nach wie vor sehr belebt, auch wenn sich die Preise und das Zinsniveau nahezu täglich ändern und der Immobilienmarkt in einigen Gebieten „abgegrast“ ist. Nach langer Sucherei ist das passende Eigenheim irgendwann aber gefunden und nach mehreren Besichtigungsterminen steht endlich auch der Notartermin bevor. Oft hat sich zwischenzeitlich auch ein gewisses Vertrauensverhältnis zwischen dem Käufer und dem Verkäufer entwickelt. Nachdem nun auch die Finanzierungszusage der Bank vorliegt, kommt es zum Beurkundungstermin beim Notar, in dessen Anschluss sich die Parteien die Hände schütteln und die Hausübergabe verabreden.
Dann aber kommt das böse Erwachen. Kurz nach der Übergabe des Hauses stellt der Käufer gravierende Mängel fest, die bei den vielen Objektbesichtigungen vor Abschluss des notariellen Kaufvertrages dem Verkäufer mit keinem Wort erwähnt wurden. Ein klassisches Beispiel ist der feuchte Keller. Enttäuscht wirft der Käufer dem Verkäufer vor, ihm die Feuchtigkeit des Kellers verschwiegen zu haben, diesen sogar durch Davorstellen von Regalen oder einem neuen Farbanstrich der Kellerwände vertuscht zu haben. In der Praxis häufig anzutreffen, sind außerdem die Fälle der fehlerhaften Elektroinstallation eines Hauses, der fehlenden Baugenehmigung für Anbauten oder Nutzungsänderungen (z.B. Nutzung des Dachgeschosses zu Wohnzwecken). Der Verkäufer wiederum lehnt meist jedwede Haftung unter Bezugnahme auf den im notariellen Kaufvertrag regelmäßig enthaltenen Sachmängelhaftungsausschluss ab und behauptet, von den Mängeln keine Kenntnis gehabt zu haben. Damit ist das geschaffene Vertrauensverhältnis der letzten Monate zerstört und beiden Parteien bleibt nur noch der Weg zum Anwalt. Grundstückskaufverträge enthalten regelmäßig einen Sachmängelhaftungsausschluss. Das bedeutet, dass der Verkäufer für Sachmängel grundsätzlich nicht haftet und die Kaufsache wie besehen, erworben wird. Von diesem Grundsatz sieht das Gesetz zwei Ausnahmen vor (§ 444 BGB). So kann sich der Verkäufer nicht auf den notariell-vertraglich vereinbarten Haftungsausschluss berufen, wenn er eine bestimmte Eigenschaft der Kaufsache ausdrücklich in dem notariellen Kaufvertrag zugesichert hat (z.B. funktionsfähige Heizung; bestimmte Grundstücks-/Wohnfläche etc.) oder aber einen Mangel des Objekts arglistig verschwiegen hat (z.B. feuchter Keller; ungenehmigter Anbau). Nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung sind zugesicherte Eigenschaften in der Regel solche, die explizit im Kaufvertrag genannt sind. Dabei können sich gewisse Indizien hierfür aus dem zugrundeliegenden Makler- bzw. Verkäuferexposé ergeben. Wirbt der Verkäufer beispielsweise mit einer funktionsfähigen Heizungsanlage im Exposé und hat wird dieser auch im Kaufvertrag erwähnt, so stellt dies eine sog. Beschaffenheitsvereinbarung dar, so dass die Funktionsfähigkeit der Heizung gegeben sein muss, da die Kaufsache andernfalls mangelhaft ist. Dies gilt im Hinblick auf die Angabe der Grundstücksgröße bzw. der Wohnfläche gleichfalls, wobei minimale Abweichungen (in der Regel ca. 10%) unschädlich sind, eine größere Abweichung meist aber einen Mangel der Kaufsache bedeutet. Während Beschaffenheitsvereinbarungen in Grundstückskaufverträgen eher selten sind und daher auch seltener die Rechtsgrundlage für die Rückabwicklung von Grundstückskaufverträgen darstellen, ist ein Rücktritt wegen arglistiger Täuschung in der anwaltlichen Praxis häufiger anzutreffen. Wie eingangs dargestellt, ist der feuchte Keller geradezu ein Klassiker für die Fälle der Rückabwicklung des Grundstückskaufvertrages wegen arglistiger Täuschung. Eine arglistige Täuschung erfordert Vorsatz des Verkäufers. Allein der Umstand, dass Fragen falsch beantwortet wurden, begründet noch nicht den Vorwurf der Arglist. Derjenige, der gutgläubig falsche Angaben macht, handelt nämlich grundsätzlich nicht arglistig, mag der gute Glaube auch auf Fahrlässigkeit oder selbst auf Leichtfertigkeit beruhen. Nicht gutgläubig handelt nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs allerdings, wer ohne tatsächliche Grundlagen „ins Blaue hinein“ unrichtige Angaben macht (BGH, NJW 2006, 2839, 2840). Wer weiß, dass er keine Kenntnis hat, muss ernstlich mit der Möglichkeit der Unrichtigkeit seiner Angaben rechnen und handelt folglich bedingt vorsätzlich, was für ein arglistiges Handeln genügt. Ein arglistiges Verschweigen liegt demnach nur vor, wenn der Verkäufer einen Mangel kennt oder für möglich hält und weiß oder damit rechnet, dass der Käufer bei Offenbarung des Mangels den Kaufvertrag nicht oder nicht mit dem vereinbarten Inhalt abgeschlossen hätte. Besondere Schwierigkeit in gerichtlichen Verfahren bereitet dabei die dem Kläger obliegende Beweislast für den Nachweis der Arglist durch den Verkäufer. Da sich mündliche Äußerungen des Verkäufers über den Zustand des Objekts meist nur schwer nachweisen lassen, liegt auf Käuferseite ein nicht unerhebliches Prozessrisiko. Weitere Fallkonstellationen arglistiger Täuschung ergeben sich oft auch wegen einer fehlenden Baugenehmigung für Anbauten oder Nutzungsänderungen von Gebäudeflächen zu Wohnzwecken. Hat der Verkäufer z.B. einen genehmigungspflichtigen Anbau errichtet oder das ehemals als Abstellraum genutzte Dachgeschoss zu Wohnzwecken umgebaut, und fehlt es an einer entsprechenden Baugenehmigung für diese Maßnahmen, stellt die illegale Errichtung und Nutzung dieser Gebäudeflächen einen Mangel dar und kann den Käufer zum Rücktritt vom Grundstückskaufvertrag berechtigen. In Ermangelung schriftlicher Nachweise läuft es in derartigen Gerichtsprozessen meist auf die Vernehmung von Zeugen hinaus. Als Zeugen werden in diesen Verfahren oft Nachbarn benannt, denen der Verkäufer in der Vergangenheit von dem Mangel erzählt hat. In Betracht kommen außerdem Handwerker, die Reparaturen in dem Haus vorgenommen haben und zu der Kenntnis des Verkäufers von dem in Rede stehenden Mangel aussagen sollen. Auch amtliche Auskünfte des Bauamts in Bezug auf ungenehmigte Anbauten bzw. Nutzungsänderungen können hilfreiche Mittel sein, um die Kenntnis des Verkäufers nachzuweisen. Hat der Verkäufer nämlich in der Vergangenheit eine Genehmigung für den streitigen Anbau beantragt und wurde dieser aktenkundig abgelehnt, wird er kaum seine Kenntnis von der fehlenden baurechtlichen Legalität leugnen können. Insgesamt verbleibt es jedoch dabei, dass der beweisbelastete Käufer in derartigen Verfahren ein nicht unerhebliches Prozessrisiko zu berücksichtigen hat. Bevor jedoch der Rücktritt vom Kaufvertrag erklärt wird, sollte dem Verkäufer eine Frist zur Behebung des Mangels eingeräumt werden, um nicht mit seinen kaufrechtlichen Gewährleistungsansprüchen ausgeschlossen zu sein. Außerdem ist der Rücktritt nach § 323 Abs. 5 S. 2 BGB ausgeschlossen, wenn der Mangel unwesentlich ist. Nach Auffassung des Bundesgerichtshofs ist für die Beurteilung der Erheblichkeit des Mangels eine Abwägung unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls vorzunehmen. Ein erheblicher Mangel liegt nach der Rechtsprechung in der Regel bereits dann vor, wenn der Mängelbeseitigungsaufwand einen Betrag von 5% des Kaufpreises überschreitet. Insgesamt sollte der Rücktritt vom Grundstückskaufvertrag gut überlegt sein und nicht voreilig erklärt werden. Es empfiehlt sich daher in jedem Fall, einen Rechtsanwalt zu konsultieren und die rechtlichen Möglichkeiten zu erörtern. Unter gewissen Umständen kommen anstelle des Rücktritts auch die Minderung des Kaufpreises oder die Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen in Betracht und dürften auch die der tatsächlichen Abwicklung weniger problembehaftet sein. Denn die Rückabwicklung des Grundstückskaufvertrages erfordert in der der Praxis eine Rückauflassung, d.h. es muss eine Rückübereignung des Grundstücks von dem Käufer auf den Verkäufer erfolgen, da der Käufer einige Wochen nach der Übergabe als Eigentümer im Grundbuch eingetragen wird. Dieser Vorgang verursacht wiederum erneute Beurkundungskosten. Auch die Rückzahlung des finanzierten Kaufpreises stellt sich oftmals als komplex dar, u.a. weil der Käufer für die Zeit der Wohnnutzung Wertersatz zu leisten hat. Im Ergebnis sollte der Rücktritt gut überlegt sein und eher als ultima ratio Entscheidung in Betracht kommen.
August 2022
Felix Prochnow
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Arbeitsrecht
Rechtliches rund um die betriebliche Übung
Herr Rechtsanwalt Felix Prochnow hat in Zusammenarbeit mit der ROLAND Rechtsschutz einen Artikel zum Thema „Rechtliches rund um die betriebliche Übung“ verfasst.
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Juni 2022
Felix Prochnow
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Arbeitsrecht
Urlaubsanspruch: Rechtliches auf einen Blick
Herr Rechtsanwalt Felix Prochnow hat in Zusammenarbeit mit der ROLAND Rechtsschutz einen Artikel zum Thema „Urlaubsanspruch“ verfasst.
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März 2022
Ali Moradzadeh, LL.M.
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht
Fachanwalt für Verwaltungsrecht
Schwarzgeldabrede am Bau
Neubau, Sanierung, Umbau sind meist sehr kostspielig und werden aktuell immer teurer. Soweit Kosten für bauliche Maßnahmen weder zur Finanzierung des Vorhabens nachgewiesen werden müssen noch steuerlich geltend gemacht werden können, kommt es zwischen Auftraggeber (Bauherr) und dem Auftragnehmer (Bauunternehmer, Architekt, Handwerker, etc.) in der Baubranche immer wieder zu Schwarzgeldabreden, die in der Praxis auch oft als „ohne-Rechnung-Abrede“ bezeichnet werden. Dies mag für beide Seiten zunächst vorteilhaft erscheinen, denn der Auftraggeber bekommt die gewünschten Bauleistungen meist zu einem vergünstigten (Pauschal-) Preis und erspart sich die Zahlung der Umsatzsteuer (i.H.v. derzeit 19%). Der Auftragnehmer profitiert ebenfalls davon, indem er diese Schwarzgeldeinnahme in seinen Jahresumsätzen nicht berücksichtigt und so seine Steuerabgaben reduziert. Auch wenn diese in der Praxis sehr häufige Abrede eine win-win-Situation für Auftraggeber und Auftragnehmer darstellen mag, sind die rechtlichen Konsequenzen verheerend. Denn Verstöße gegen das Gesetz zur Bekämpfung der Schwarzarbeit und illegalen Beschäftigung (SchwarzArbG) verursachen schätzungsweise einen jährlichen Schaden in Höhe von ca. 125 Mrd. Euro zu Lasten des Fiskus und sollen daher effektiv sanktioniert werden.
Strafrechtliche KonsequenzenMit der Eingehung der Schwarzgeldabrede verstoßen Auftraggeber und Auftragnehmer in der Regel gegen eine Vielzahl von Straftatbeständen und begehen Ordnungswidrigkeiten, die mit teilweise erheblichen Rechtsfolgen belegt sind. So begeht derjenige, der seine Aufträge schwarz bzw. ohne Rechnung abwickelt, eine Steuerhinterziehung nach § 370 Abgabenordnung (AO). Als Strafmaß sieht die Steuerhinterziehung eine Geldstrafe oder Freiheitsstrafe bis zu 5 Jahren, in besonders schweren Fällen sogar bis zu 10 Jahren vor. Ein besonders schwerer Fall wird unter anderem dann angenommen, wenn der Täter in „großem Ausmaß“ Steuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt. Der Bundesgerichtshof hat entschieden, dass ein großes Ausmaß in der Regel bei jeder Steuerhinterziehung über 50.000 EUR vorliegt (BGH, Urt. v. 27.10.2015 – 1 StR 373/15). Außerdem kommt eine Strafbarkeit des Auftraggebers wegen Beihilfe zur Steuerhinterziehung in Betracht. Der Auftragnehmer riskiert ferner einen Eintrag in die sog. zentrale „Schwarze Liste“. Es handelt sich dabei um ein vom Bundeskartellamt im Jahr 2017 eingeführtes Register, in dem derartige Verstöße erfasst werden. In der Folge werden Unternehmen, die in solchen Listen erfasst sind bei der Vergabe öffentlicher Aufträge nicht mehr berücksichtigt, wodurch ihnen lukrative und zahlungssichere Aufträge entgehen können. Des Weiteren wird meist eine Ordnungswidrigkeit nach § 8 SchwarzArbG angenommen, die mit Geldbußen bis zu 50.000,00 € geahndet werden können. Je nach Einzelfall können zudem noch weitere Straftatbestände erfüllt sein. Zivilrechtliche Konsequenzen
Während die ehemalige Rechtslage den Parteien eines Bau- oder Werkvertrages auch bei Schwarzgeldbareden unter gewissen Umständen die Geltendmachung von Ansprüchen ermöglichte, entschied der Bundesgerichtshof in einer Kette von Entscheidung ab dem Jahr 2013 (BGH, Urteil vom 1.8.2013 – VII ZR 6/13; BGH, Urteil vom 10.04.2014 - VII ZR 241/13; BGH, Urteil vom 11.06.2015 - VII ZR 216/15; BGH, Urteil vom 16.03.2017 – VII ZR 197/16), dass sich aus Bau- und Werkverträgen, die unter der Schwarzgeldabrede geschlossen wurden, weder für den Auftraggeber noch für den Auftragnehmer Rechte herleiten lassen. Begründet wurde dies damit, dass die Parteien mit der „Ohne-Rechnung-Abrede“ gegen das SchwarzArbG und den Straftatbestand der Steuerhinterziehung verstoßen, so dass ein beidseitiger Verstoß gegen ein Verbotsgesetz im Sinne des § 134 BGB vorliegt, was die Nichtigkeit des Vertrages zur Folge hat. Ein nichtiger Vertrag nach § 134 BGB gilt als niemals abgeschlossen und führt dazu, dass die Vertragsparteien weder aus dem Vertrag noch aus dem Grundsatz von Treu und Glauben nach § 242 Rechte ableiten können. Das gilt selbst dann, und zwar für den gesamten Vertrag, wenn lediglich über einen Teil der Vergütung eine Schwarzgeldabrede getroffen wird (bspw. 30.000 € sollen aus einem Auftrag über 100.000 € „schwarz“ gezahlt werden). Außerdem treten diese Rechtsfolgen auch dann ein, wenn die Parteien zuerst einen vollständig wirksamen Bau- oder Werkvertrag geschlossen haben und erst später die (teilweise) Zahlung von Schwarzgeld vereinbaren. Im Einzelnen bedeutet dies für den Auftragnehmer, dass ihm keinerlei Zahlungsansprüche gegen den Auftraggeber zustehen. Er verliert seinen Zahlungsanspruch aufgrund der Gesamtnichtigkeit des Vertrages also auch dann, wenn sich die Schwarzgeldabrede nur auf einen Teil der gesamten Vergütung bezieht. Dies gilt für Abschlagszahlungen gleichfalls. Dem Auftragnehmer ist es zudem verwehrt, sich auf ungerechtfertigte Bereicherung des Auftragnehmers zu stützen. Der Auftraggeber wiederum verliert sämtliche Gewährleistungsansprüche. Er kann weder Rechte aufgrund mangelhafter Werkleistungen geltend machen noch die Rückzahlung der bereits gezahlten Vergütung verlangen. Die rechtliche und wirtschaftliche Tragweite macht sich vor allem dann bemerkbar, wenn es sich um gravierende Mängel handelt. Dies wird in einem vom OLG Stuttgart im Jahr 2015 entschiedenen Fall besonders deutlich. In jenem Fall hatte der Bauherr einen Architekten mit der Planung seines Hauses beauftragt. Im Nachhinein hatten die Parteien vereinbart, einen Teil des Architektenhonorars schwarz, also in bar ohne Rechnung zu zahlen. Nach Errichtung des Hauses stellte sich heraus, dass der Boden nicht tragfähig war, was dem Architekten hätte auffallen müssen. Der Bauherr verlangte später von dem Architekten Schadensersatzanspruch wegen der ihm im Zusammenhang mit der Stabilisierung und Anhebung des Hauses entstandenen Kosten in Höhe von 132.716,00 €. Das Gericht entschied, dass dem Bauherrn wegen Mängeln der vom Architekten erbrachten Architektenleistung kein Schadensersatzanspruch zusteht, weil der zwischen den Parteien geschlossene Architektenvertrag wegen Verstoßes gegen das SchwarzArbG nichtig war. Zugleich stellte das Gericht fest, dass auch dem Architekten ein Honorar für dessen zusätzlich erbrachte Architektenleistungen nicht zusteht. Ermittlung durch die Gerichte von Amts wegen
Sinn und Zweck der von den Gerichten entwickelten Rechtsprechung ist es, unter anderem durch die präventive Wirkung der Vertragsnichtigkeit einen Beitrag zur Bekämpfung dieser Variante der Schwarzarbeit zu leisten. So hat der Bundesgerichtshof im Jahr 2013 in einer Entscheidung ausdrücklich ausgeführt: „Wer bewusst gegen das Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz verstößt, soll nach der Intention des Gesetzgebers schutzlos bleiben.“ Um dieser Intention Rechnung zu tragen, kann das Gericht von Amts wegen, also auch ohne dass sich eine Vertragspartei darauf beruft, feststellen, dass eine zur Nichtigkeit des Vertrages führende Schwarzgeldabrede getroffen worden ist. Selbst wenn die Parteien eine Schwarzgeldabrede leugnen, kann das Gericht das Zustandekommen einer solchen Abrede aus Indizien herleiten und als erwiesen ansehen. In einem relativ aktuellen Urteil hat das OLG Düsseldorf (Urt. vom 21. Jan. 2020 – I-21 U 34/19) hierzu entscheiden, dass die Überzeugung von einer solchen (stillschweigend) zustande gekommenen Schwarzgeldvereinbarung sich aus der Auswertung der schriftlichen Kommunikation zwischen den Parteien (z.B. per WhatsApp) ergeben kann. Fazit
Auch wenn die wirtschaftlichen Vorteile zunächst verlockend erscheinen, ist die Schwarzgeldabrede sowohl in strafrechtlicher als auch zivilrechtlicher Hinsicht mit fatalen Folgen verbunden. Vor allem bei Gewerken, bei denen im Falle eines Mangels erhebliche Schäden eintreten können, ist das Risiko, das durch eine Schwarzgeldabrede entsteht, unkalkulierbar. Im Ergebnis ist von der Schwarzgeldabrede daher in jedem Falle abzuraten.
September 2021
Ali Moradzadeh, LL.M.
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht
Fachanwalt für Verwaltungsrecht
Hecke schneiden: Vorschriften, Strafen, Nachbarschaftsstreit & mehr
Herr Rechtsanwalt Moradzadeh, LL.M. hat in Zusammenarbeit mit der ROLAND Rechtsschutz einen Artikel zum Thema „Hecke schneiden“ verfasst.
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September 2020
Ali Moradzadeh, LL.M.
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht
Fachanwalt für Verwaltungsrecht
Die Auswirkungen der Corona-Pandemie auf die Immobilienbranche – Eine rechtliche und wirtschaftliche Betrachtung
Die Corona-Krise hat große Teile der Wirtschaft nahezu vollständig lahmgelegt. Einige Wirtschaftssektoren werden noch Monate oder Jahre benötigen, um sich von den Auswirkungen des Lockdowns zu erholen. Viele Unternehmen sind in finanzielle Schieflage geraten und werden die Krise trotz staatlicher Soforthilfen wohl nicht überstehen. Zu den Hauptbetroffenen zählen insbesondere Gastronomie- und Hotelbetriebe, Fitness- und Kosmetikstudios sowie Reisedienstleister bzw. die Tourismusbranche.
Demgegenüber sind die Auswirkungen der Corona-Krise auf die Immobilienbranche bislang als vergleichsweise mild zu bezeichnen, obgleich auch der Immobilienmarkt nicht verschont geblieben ist. So konnten bis zur Lockerung der Maßnahmen und Kontaktbeschränkungen keine persönlichen Objektbesichtigungen durchgeführt werden. Außerdem gaben viele Kaufinteressenten ihr Vorhaben auf, da sie um ihre wirtschaftliche Existenz bangen mussten. Daher wurden Immobilienkäufe/-verkäufe teilweise abgesagt oder verschoben. Auch wurden Finanzierungen durch Banken oder Bausparkassen deutlich restriktiver behandelt. Einige Neubau- und Sanierungsvorhaben mussten wegen ausgebliebener Materiallieferungen und Personalengpässen vorübergehend eingestellt werden. Die rechtlichen und wirtschaftlichen Folgen des dadurch eingetretenen Bauverzuges sind massiv und können teilweise noch nicht abschließend erfasst werden. Deutlich zu spüren waren die Auswirkungen vor allem im Bereich der Wohnraum- und Gewerbemiete, da Mieter aufgrund Gehaltskürzungen oder Arbeitslosigkeit keine Mieten mehr zahlen konnten. Vielfach wurde daher um Stundung oder Reduzierung der Monatsmiete gebeten. Zugleich wurde das Kündigungsrecht des Vermieters durch gesetzliche Vorgaben eingeschränkt. Wie auch in anderen Wirtschaftsbereichen hat die Digitalisierung in Zeiten der Corona-Krise in der Immobilienbranche erheblich an Bedeutung zugenommen. So haben Immobilienmakler vermehrt eine virtuelle Objektbesichtigungen oder eine Live-Besichtigung per Videotelefonie angeboten. Die weitere Kaufabwicklung hingegen, nämlich die notarielle Beurkundung des Kaufvertrages, muss nach § 13 BeurkG in Gegenwart des Notars erfolgen und setzt grundsätzlich die persönliche Anwesenheit der Urkundsbeteiligten voraus. Der Abschluss eines notariellen Kaufvertrages konnte daher nicht fernmündlich oder per Videotelefonie erfolgen. Andere Möglichkeiten der Beurkundung ohne persönliche Anwesenheit der Urkundsbeteiligten sind zwar grundsätzlich möglich, z.B. durch Erteilung entsprechender Vollmachten an Notariatsmitarbeiter, erweisen sich letztlich aber als wenig praktikabel, da auch diese Vorgehensweise die Genehmigung der in Vollmacht abgegebenen Erklärungen in der Gegenwart eines Notars voraussetzt, um die Wirksamkeit der notariellen Urkunden herbeizuführen, § 29 GBO. Ähnliche Probleme haben sich infolge der Kontaktbeschränkungen bei der Abwicklung von bereits abgeschlossenen Kaufverträgen ergeben, da hierfür zum Beispiel die Beteiligung von Gemeinden/Städten (z.B. für die Vorkaufsrechtsverzichtserklärung), Ämtern (z.B. Finanzamt/Grundbuchamt) und anderen Institutionen (insbesondere Banken) erforderlich ist. Da diese aber größtenteils geschlossen oder nur notbesetzt waren, konnte die Mitwirkungshandlung der Stellen nicht zeitnah eingeholt werden. Insoweit bleibt abzuwarten, ob diese praktischen Erfahrungen möglicherweise zu gesetzlichen Änderungen führen werden. Verhältnismäßig mild dürfte es auch der Baubranche ergangen sein. Denn die Corona-Krise hat nicht zur behördlich angeordneten Stilllegung von Baustellen geführt, auch wenn vielerorts wegen ausgebliebenen Materiallieferungen und Personalengpässen Bauvorhaben praktisch nicht fortgeführt werden konnten und es dadurch zu Bauverzug kam. Es ist aber davon auszugehen, dass Bauunternehmen für Verzugsschäden, die aufgrund der Corona-Krise eingetreten sind, nicht einstehen müssen, da ein Fall „höherer Gewalt“ vorliegen dürfte, den der Bauunternehmen nicht zu vertreten hat. Außerdem führte der Bauverzug dazu, dass vereinbarte Bauphasen verzugsbedingt nicht fertiggestellt und abgerechnet werden konnten. Das machte sich in der Liquidität der Bauunternehmen deutlich. Für Bauherren ergaben sich hauptsächlich Probleme mit der Baufinanzierung und fälliger Bereitstellungszinsen. Hier hat der Gesetzgeber versucht, mit dem Erlass des Gesetzes zur Abmilderung der Folgen der COVID -19-Pandemie den nachteiligen Folgen der Corona-Krise entgegenzuwirken. So sind beispielsweise Stundungsmöglichkeiten zugunsten des Darlehensnehmers bei Verbraucherkrediten normiert worden (Art. 5 § 3), auch wenn durch das Gesetz nur ein Bruchteil der praktischen Probleme reglementiert wurde. Im Bereich der Miet- und Pachtverträge hat der Gesetzgeber versucht, mit dem Gesetz zur Abmilderung der Folgen der Covid-19-Pandemie, den plötzlichen massiven Liquiditätsproblemen von Mietern und Pächtern Rechnung zu tragen. Nach Artikel 5 § 2 des Gesetzes zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie ist das Kündigungsrecht des Vermieters insoweit eingeschränkt, als dass das Mietverhältnis nicht mehr aufgrund Zahlungsverzuges außerordentlich gekündigt werden kann, wenn der Mieter infolge der Corona-Pandemie die Miete im Zeitraum vom 1. April 2020 bis 30. Juni 2020 trotz Fälligkeit nicht leistet. Noch ungeklärt ist die Frage, ob der Gewerbemieter, dessen Betrieb aufgrund behördlicher Anordnung geschlossen wurde, die (volle) Miete für diese Zeit entrichten muss. Endgültige Klarheit wird insoweit erst durch die Gerichte geschaffen werden. Mit ersten Urteilen rechnen wir noch vor Ende des Jahres. Schließlich sind auch die wirtschaftlichen Auswirkungen der Corona-Krise auf den Immobilienmarkt als insgesamt mild zu betrachten. Aktuelle Auswertungen und Statistiken zeigen einen weiterhin leichten Anstieg der Immobilienpreise nach einer kurzen Ruhepause während des Lockdowns. Auch wenn noch nicht abschließend gesagt werden kann, wie sich die Corona-Krise letztlich auf den Immobilienmarkt auswirkt und ob hier noch mit einer großen Menge an Zwangsversteigerungen zu rechnen ist, sprechen die sukzessive eingeleiteten Lockerungsmaßnahmen eher dafür, dass der Immobilienmarkt auch weiterhin ein wachsender und starker Wirtschaftssektor bleiben wird. Dabei mag die Prognose zutreffen, dass das Preisniveau in Großstädten infolge der Corona-Krise nicht mehr so stark wachsen wird wie zuletzt. Im Bereich der Mietobjekte wird prognostiziert, dass Mietobjekte im unteren und mittleren Mietpreissegment weitaus weniger betroffen sein werden als Mietobjekte im hochpreisigen Mietpreissegment. Nach alledem kann geschlussfolgert werden, dass die Immobilienwirtschaft trotz der Corona-Krise stabil geblieben ist.
März 2020
Liebe Mandanten!
Die aktuelle Situation aufgrund der Corona-Krise stellt für uns alle eine Herausforderung dar. Auch wir müssen uns an die öffentlichen Vorgaben halten und sind daher gehalten, anwaltliche Beratungstermine – soweit möglich und geboten – telefonisch durchzuführen. Die telefonische Erreichbarkeit des Büros innerhalb der Öffnungszeiten bleibt also weiterhin gewährleistet. Aus gegebenem Anlass bitten wir um Verständnis, dass an notariellen Beurkundungs- und Beglaubigungsterminen möglichst nur die Beteiligten und ggf. Makler teilnehmen. Um den Betrieb außerdem weitestgehend aufrecht zu erhalten, bieten wir Ihnen nach telefonischer Terminvereinbarung gerne auch Beurkundungstermine außerhalb unserer Öffnungszeiten sowie am Wochenende an.
Unsere höchste Priorität ist es, die Gesundheit und das Wohlbefinden unserer Mandanten und Mitarbeiter zu schützen und alles dafür zu tun, die Verbreitung des Virus einzudämmen. Wir bitten Sie daher, von einem persönlichen Besuch in unserer Kanzlei abzusehen, wenn Sie grippeähnliche Symptome bei sich feststellen und/oder innerhalb der letzten 14 Tage vor Erkrankungsbeginn Kontakt zu einem bestätigten Corona-Fall hatten und/oder sich innerhalb der letzten 14 Tage in einem Risikogebiet (z.B. Frankreich, Iran, Italien) aufgehalten haben. Auch für Beurkundungen werden wir insoweit Lösungen finden, um sicherzustellen, dass Sie hierdurch keine Rechtsnachteile erleiden werden.
Wir sind zuversichtlich und hoffen, diese für uns alle missliche Zeit bald überstanden zu haben.
Vielen Dank für Ihr Verständnis!
Ihr Kanzlei-Team
November 2018
Ali Moradzadeh, LL.M.
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht
Das Baukindergeld
Bedeutung und Voraussetzungen
Seit September 2018 können Familien mit Kindern oder Alleinerziehende für den erstmaligen Kauf oder den Bau des Eigenheims staatliche Zuschüsse bei der KfW-Bank beantragen. Mit der Förderung sollen Familien beim Kauf oder dem Bau von Eigentum unterstützt werden. Zugleich soll dadurch die in Deutschland im Vergleich zu anderen europäischen Ländern niedrige Eigenheimquote (ca. 50% zu 70%) angehoben werden. Außerdem soll auf diese Weise gegen Mietsteigerung und Wohnungsmangel vorgegangen werden. Das Konzept ähnelt der Eigenheimzulage, die zwischen 1996 und 2005 gezahlt wurde.
Grundsätzlich kann jede natürliche Person, die (Mit-)Eigentümer von selbstgenutztem Wohneigentum geworden ist und die selbst kindergeldberechtigt ist oder mit einer kindergeldberechtigten Person zusammenlebt, Baukindergeld beantragen. Als Nachweis des (Mit-) Eigentums ist die Vorlage eines Grundbuchauszuges erforderlich, aus dem der zumindest hälftige Eigentumsanteil des Antragstellers zu erkennen ist.
Weiter wird vorausgesetzt, dass in dem Haushalt des Antragstellers mindestens ein Kind lebt, das zum Zeitpunkt der Antragstellung das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet hat. Wird das Kind erst nach der Antragstellung volljährig oder zieht es von zu Hause aus, wirkt sich das nicht auf die Förderung aus und das Baukindergeld wird weiter ausbezahlt.
Schließlich setzt die Förderung voraus, dass das zu versteuernde jährliche Haushaltseinkommen 90.000 € bei einem Kind im Haushalt nicht überschreitet. Bei jedem weiteren Kind unter 18 Jahren erhöht sich die Einkommensgrenze um 15.000 €. Die Anzahl der Kinder, die bei einem Antrag berücksichtigt werden können, ist bislang unbegrenzt. Für die Berechnung des Jahreshaushaltseinkommens wird grundsätzlich auf die durchschnittlichen Einkünfte des zweiten und dritten Jahres vor Antragstellung abgestellt. Neben den normalen Gehältern werden bei der Berechnung des Einkommens z.B. auch Einkünfte aus selbstständiger Tätigkeit berücksichtigt. Zum Nachweis des Haushaltseinkommens müssen die Einkommensteuerbescheide eingereicht werden.
Höhe des Baukindergeldes
Die Förderung erfolgt durch einen Zuschuss in Höhe von 1.200 Euro pro Jahr für jedes Kind unter 18 Jahren, über einen Zeitraum von maximal 10 Jahren. Für jedes Kind kann damit ein Gesamtzuschuss von 12.000 € geleistet werden, sofern das gekaufte oder gebaute Eigenheim durch den Antragsteller für die Dauer von 10 Jahren selbst zu Wohnzwecken genutzt wird.
Fristen
Baukindergeld kann rückwirkend für alle Hauskauf- und Bauverträge ab dem 1. Januar 2018 beantragt werden. Beim Kauf ist auf das Datum des notariellen Kaufvertrags und beim Bau auf die Erteilung der Baugenehmigung abzustellen. Steht der Kauf oder der Bau des Eigenheims noch an, muss bis spätestens Ende 2020 der Kaufvertrag unterschrieben oder die Baugenehmigung erteilt worden sein. Der Antrag muss dann spätestens drei Monate nach dem Einzug gestellt werden. In jedem Fall muss der Antrag spätestens bis zum 31.12.2023 gestellt werden.
Ungeachtet der genannten Fristen sollte das Baukindergeld aufgrund der kontinuierlich steigenden Anzahl der Antragsteller möglichst zeitnah beantragt werden. Denn die KfW-Bank stellt insgesamt 3 Milliarden Euro pro Jahr für das Baukindergeld zur Verfügung. Etwa 500 Millionen Euro sind von diesem Kontingent bereits beansprucht worden. Berücksichtigt man, dass das Baukindergeld erst im September 2018 eingeführt wurde, ist bereits eine beachtlich hohe Anzahl an Anträgen eingegangen. Die Prognose lautet daher, dass das jährlich zur Verfügung gestellte Kontingent bereits zum 2. Halbjahr 2019 aufgebraucht sein könnte.
Verfahren
Der Antrag kann nur online über das Internetportal der KfW-Bank („Zuschuss 424“) gestellt werden. Das Baukindergeld kann grundsätzlich mit anderen öffentlichen Fördermitteln kombiniert werden.
Vorteile/Nachteile
Die Vorteile des Zuschussprogramms liegen auf der Hand. Insbesondere Familien mit vielen Kindern und einer gewissen „Sesshaftigkeit“ profitieren erheblich vom Baukindergeld und können auf diese Weise nach einem teuren Neubau die Kassen nach und nach wieder füllen. Das Baukindergeld ändert jedoch nichts an der Tatsache, dass für den Kauf oder Bau des Eigenheims ein gewisses Startkapital – für die Deckung der Kaufnebenkosten (Grunderwerbsteuer, Notar- und Gerichtskosten, etc.) - vorhanden sein muss. Damit wird das Aufbringen des Startkapitals zu einer ungeschriebenen Voraussetzung für den Bezug des Baukindergeldes und stellt in dem Sinne keine Erleichterung im Rahmen der Kauf- oder Baufinanzierung dar. Vielseits wird außerdem beanstandet, dass das Baukindergeld die Umwandlung von Mietwohnungen in Eigentumswohnungen motiviere, was letztlich zu höheren Objektpreisen führe und den Zuschuss durch das Baukindergeld wieder aufhebe.
Schlusswort
Gegen die vorgebebrachte Skepsis vieler Kritiker lässt sich einwenden, dass die negative Entwicklung der Immobilienpreise von einer Vielzahl weiterer Faktoren abhängig ist, die den Preis weitaus erheblicher beeinflussen. Ferner dürfte die Anschaffung eines Eigenheims nicht entscheidend von dem Erhalt des Baukindergeldes abhängen, zumal ein gewisses Startkapital bereits vorhanden sein muss. Anspruchsberechtigte werden daher in der Lage sein, das gewisse Startkapital aufzubringen und würden das Vorhaben wohl auch ohne Baukindergeld angehen. Damit dürfte das Baukindergeld kein Anreiz für ein Kauf- oder Bauvorhaben, sondern eher eine Art nachträglicher Bonus sein.
September 2018
Alexander Orth
Rechtsanwalt
Neues BGH Urteil zu Schönheitsreparaturen
Mit Urteil vom 22.08.2018 (VIII ZR 277/16) hat der Bundesgerichtshof (BGH) in seiner neuesten Entscheidung zu Schönheitsreparaturen entschieden, dass eine formularmäßige Übertragung der Schönheitsreparaturen bei unrenoviert übergebener Wohnung auch bei Renovierungsvereinbarungen zwischen dem Nachmieter und dem Vormieter unwirksam ist.
Im entsprechend zu entscheidenden Fall des BGH hatten der Beklagte (Mieter) und dessen Vormieter eine zweiseitige Vereinbarung dahingehend geschlossen, dass sich der Beklagte verpflichtete, Renovierungsarbeiten in der Wohnung, die er vom Vormieter übernahm, durchzuführen. Der Vermieter (Kläger) verlangte die Durchführung von Schönheitsreparaturen.
Zunächst folgt hier ein kleiner Exkurs durch die wichtigsten Entscheidungen des BGH nach der Reform des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB). Nach der Mietrechtsreform im Jahr 2001 unterließ es der Gesetzgeber ausdrücklich, die Schönheitsreparaturen zu regeln. Er erlaubte es dem Vermieter weiterhin, durch eine Klauselvereinbarung im Mietvertrag die Schönheitsreparaturen auf den Mieter umzulegen. Die nun schon seit Jahren andauernde Kontroverse um die Wirksamkeit solcher Schönheitsreparaturklausel begann im Jahr 2003, als der BGH die Kombination zwischen einer wirksamen Abwälzung der laufenden Schönheitsreparaturen, die zusammen mit einer unwirksamen Endrenovierungsklausel verbunden war, kippte. Ab 2004 folgten sodann Entscheidungen zu den starren Renovierungsfristen (alle 5 Jahre, alle 7 Jahre) und zu der Art der Ausführung (Stichwort: handwerksgerecht).
Mit Urteil vom 18.03.2015, welches auch für die Besprechung der vorliegenden Entscheidung maßgeblich ist, erklärte der Senat zunächst Quotenabgeltungsklauseln für unwirksam. Weiterhin stellte er fest, dass Schönheitsreparaturen dann nicht mehr verlangt werden können, sofern eine Wohnung in unrenoviertem oder renovierungsbedürftigen Zustand, ohne dass dem Mieter ein angemessener Ausgleich vom Vermieter gewährt wurde, dem Mieter übergeben wurde.
Um nun zu dem vorliegenden Fall zurückzukommen, lag die Besonderheit gerade darin, dass der Vormieter und der Nachmieter (Beklagte) in diesem Fall eine Vereinbarung unterzeichneten, in welcher der Nachmieter (Beklagte) sich verpflichtete, Renovierungsarbeiten durchzuführen. Der BGH stellte nun klar fest, dass eine solche zweiseitige Vereinbarung zwischen dem Vor- und dem Nachmieter nicht zu einer Übernahme von Schönheitsreparaturen gegenüber dem Vermieter führt.
Der BGH hält hier also an seiner Leitentscheidung aus dem Jahr 2015 fest, welche besagt, dass, sofern dem Mieter eine Wohnung unrenoviert oder renovierungsbedürftig – ohne Ausgleichszahlung – übergeben wird, Schönheitsreparaturen vom Mieter nicht geschuldet werden. Eine solche Klausel würde nämlich den Mieter zur Beseitigung sämtlicher Gebrauchsspuren des Vormieters verpflichten, und der Mieter müsste die Wohnung in einem besseren Zustand zurückgeben, als er sie selbst vom Vermieter erhalten hat.
Der BGH bleibt seiner Linie insoweit treu, indem er seine Rechtsprechung dahingehend weiterführt, dass Schönheitsreparaturen immer schwieriger auf den Mieter umzulegen sind und sich die Problematik der Schönheitsreparaturen immer weiter der gesetzlich vorgesehenen Regelung nähert, nach der der Vermieter die Schönheitsreparatur zu tragen hat. Dementsprechend dürfte es für Vermieter in Zukunft wesentlich schwerer werden, ihre Ansprüche auf Schönheitsreparaturen durchzusetzen.
Sofern Sie als Mieter Schönheitsreparaturen trotz unwirksamer Abwälzung vorgenommen haben, steht Ihnen ein Anspruch aus dem Bereicherungsrecht zu. Dementsprechend können Sie aufgrund unwirksamer Schönheitsreparaturklauseln bezahlte Beträge zurückfordern.
Zu beachten ist, wie immer bei mietrechtlichen Streitigkeiten, die verkürzte Verjährungsfrist von 6 Monaten gemäß § 548 Abs. 2 BGB.
März 2018
Ali Moradzadeh, LL.M.
Rechtsanwalt & Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht
Rechtsschutzversicherung im Immobilienbereich
1. Einleitung
Die Überlegung, ob sich der Abschluss einer Rechtsschutzversicherung lohnt, stellt sich für viele erst, wenn es schon zu spät ist. Denn die Rechtsschutzversicherung tritt nur dann für (außer-) gerichtliche Kosten ein, wenn die Ursache für die Streitigkeit zeitlich nach dem Abschluss der Versicherung entstanden ist. Es ist daher besonders ärgerlich, wenn die Durchsetzung eigener oder die Abwehr gegnerischer Ansprüche wegen des hohen Prozesskostenrisikos an dem Fehlen einer Rechtsschutzversicherung scheitert. Gerichtsverfahren mit Immobilienbezug sind meist sehr kostenintensiv. Neben Anwalts- und Gerichtskosten fallen oft hohe Honorare für gerichtlich bestellte Sachverständige und Kosten für Zeugen an.
2. Umfang und Besonderheiten
Je nach Versicherungsumfang greift die Privatrechtsschutzversicherung in verschiedenen Schutzbereichen des privaten Lebens. Hierzu zählen insbesondere Streitigkeiten im Zusammenhang mit dem Kauf/ Verkauf, der Vermietung/Miete von Immobilien und Baumängeln.
Kauf/Verkauf
In notariellen Grundstücks- oder Immobilienkaufverträgen wird regelmäßig die Haftung des Verkäufers für Sachmängel ausgeschlossen. Der Verkäufer haftet demnach nicht für Mängel des Kaufobjekts, die der Käufer nach Abschluss des Kaufvertrages entdeckt. Stellt der Käufer nach dem Einzug beispielsweise Feuchtigkeit im Keller des Kaufobjekts fest, haftet der Verkäufer grundsätzlich nicht und der Käufer hat die Beseitigung des Feuchtigkeitsschadens auf eigene Kosten vorzunehmen. Je nach Ursache und Ausmaß des Schadens können hierfür erhebliche Kosten entstehen, die den ohnehin schon finanziell belasteten Käufer zusätzlich treffen. Eine Ausnahme gilt für arglistig verschwiegene Mängel des Kaufobjekts. In einem solchen Fall greift der Haftungsausschluss nicht. Ist der Käufer rechtsschutzversichert, kann er den Verkäufer in Anspruch nehmen, ohne die hohen Prozesskosten befürchten zu müssen. Andersherum gilt das gleichfalls für den Verkäufer, der Mängelansprüche des Käufers wegen arglistiger Täuschung abwehren muss.
Miete/Vermietung
Für Mieter und Vermieter ist zu berücksichtigen, dass die Rechtsschutzversicherung personenbezogen ist. Der Versicherungsnehmer kann also nur in seiner bestimmten Eigenschaft als Mieter (Mieterrechtsschutz) oder Vermieter (Vermieterrechtsschutz) die Versicherung abschließen. Wer also Wohnungen an- und dann untervermietet, sollte sicherheitshalber in beiden Eigenschaften versichert sein. Auf Mieterseite wird es oft um die Durchsetzung von Mietminderungsansprüchen wegen wesentlicher Mängel, Abwehr von Forderungen des Vermieters bei Auszug und Nachzahlung von Wohnnebenkosten gehen. Auf Vermieterseite kommen häufig Rechtsstreitigkeiten im Zusammenhang mit Forderungen wegen Mietrückständen oder Räumungsklagen vor.
Nachbarstreitigkeiten
Privatrechtsschutz greift meist auch für Rechtsstreitigkeiten mit Nachbarn. Dazu zählen unter anderem rechtliche Auseinandersetzungen wegen der Grundstücksgrenze, Hecken oder der störenden Nutzung der Nachbarwohnung.
Baumängel
Wichtig sind Rechtsschutzversicherung auch bei Streitigkeiten mit Handwerkern. In diesem Bereich sind Besonderheiten zu berücksichtigen. Während Werkverträge mit Handwerkern in der Regel vom Versicherungsschutz umfasst sind, sind regelmäßig Rechtsstreitigkeiten im Zusammenhang mit einem Neubauvorhaben ausgenommen. Versicherungsnehmer staunen daher oft, wenn ihre seit Jahren bestehende Rechtsschutzversicherung die Kostenübernahme aus diesem Grund ablehnt. Da es aber einen Hausbau ohne Mängel so gut wie nicht gibt, kommt es oft zu Streitigkeiten mit den Vertragspartnern wie dem Architekten wegen fehlerhafter Planung, dem Bauunternehmen wegen Baumängeln oder der Baubehörde wegen der Versagung einer Baugenehmigung. In diesen Verfahren sind gerichtliche Sachverständigengutachten meist unumgänglich. Hierfür können schnell Kosten im vier- oder sogar fünfstelligen Bereich entstehen und den Streitwert des Verfahrens übersteigen. Einige Versicherungen bieten daher eine sog. Bauherrenrechtsschutzversicherung an. Die Beiträge dieser Versicherungen sind zwar höher als die einer Privatrechtsschutzversicherungen. Sie bieten dem Bauherrn jedoch eine enorme Sicherheit im Hinblick auf die Durchsetzung seiner rechtlichen Interessen. Außerdem ist zu berücksichtigen, dass Fälle im Zusammenhang mit genehmigungs- oder anzeigepflichtigen Baumaßnahmen vom Versicherungsumfang nicht abdeckt sind. Das betrifft meist größere Haussanierungen und Umbauten.
3. Kosten und Wartezeit
Die Kosten einer Privatrechtsschutzversicherung sind neben dem versicherten Umfang insbesondere abhängig von der vereinbarten Selbstbeteiligung und der Deckungssumme und liegen durchschnittlich bei etwa 15 € bis 30 € monatlich. Die Kosten einer Bauherrenrechtsschutzversicherung sind im Wesentlichen abhängig von der Bausumme einschließlich der Grundstückskosten und lassen sich daher kaum durchschnittlich ermitteln. Bei einer Bau- und Kaufsumme von ca. 500.000 € dürften in etwa jährliche Kosten um die 500 € anfallen. Außerdem ist meist eine Wartezeit (oft 3 oder 6 Monate) für die erstmalige Inanspruchnahme der Rechtsschutzversicherung zu berücksichtigen.
4. Schlusswort
Mit einer Privatrechtsschutzversicherung kann man sich bereits für einen geringen monatlichen Beitrag gegen die Prozesskosten eines Rechtsstreits absichern. Sie verschafft dem Versicherten außerdem ein anderes Selbstbewusstsein im Hinblick auf die Wahrnehmung seiner rechtlichen Interessen. Auch die Bauherrenrechtsschutzversicherung ist eine sinnvolle Investition und sollte bereits bei der Kostenplanung des Neubauvorhabens einkalkuliert werden.
Februar 2018
Oliver Löhnert
Rechtsanwalt und Notar
Fachanwalt für Familien- und Verkehrsrecht
Sind Kosten der Kinderbetreuung stets Mehrbedarf des Kindes?
Der Bundesgerichtshof hat in seinem Beschluss vom 04.10.2017 festgestellt, dass die Betreuungskosten für ein Kind keinen Mehrbedarf des Kindes darstellen, sofern die Betreuung durch Dritte allein infolge der Berufstätigkeit des betreuenden Elternteils erforderlich wird. In diesem Fall können Betreuungskosten lediglich als berufsbedingte Aufwendung des betreuenden Elternteils Berücksichtigung finden.
Aber warum ist dies so hervorzuheben?
Mehrbedarf ist derjenige Teil des Lebensbedarfes des Kindes, der regelmäßig, jedenfalls während eines längeren Zeitraumes anfällt und die üblichen Kosten derart übersteigt, dass er mit den laufenden Unterhaltszahlungen nicht abgedeckt werden kann. Es handelt sich also um einen Unterhaltsanspruch des Kindes, welcher jedoch nicht ausschließlich von dem zum Barunterhaltsverpflichteten zu leisten ist, sondern von beiden Elternteilen entsprechend ihres Einkommens.
Die zugrundeliegende Frage, wer die Kosten für die Betreuung eines Kindes in einem Kindergarten, Hort etc. aufzubringen hat, beschäftigt bereits seit Jahrzenten die Rechtsprechung. Der Bundesgerichtshof hat in einem Urteil aus dem Jahr 2008 festgestellt, dass Kindergartenkosten grundsätzlich Mehrbedarf des Kindes darstellen und auch nicht in den Unterhaltsbeträgen des zur Zahlung verpflichteten Elternteiles enthalten sind. Zur Begründung wurde darauf abgestellt, dass der Kindergartenbesuch in erster Linie erzieherischen Zwecken diene, weshalb die Aufwendungen damit zum Lebensbedarfes des Kindes, der auch die Kosten der Erziehung umfasst, zuzurechnen seien, mit der - sachgerechten - Folge, auch in den Fällen, in denen kein Anspruch auf Unterhalt des das Kind betreuenden Elternteils gegen den anderen besteht, dieser jedoch an den Kosten für den Kindergarten zu beteiligen ist.
Nunmehr hat der Bundesgerichtshof deutlich gemacht, dass nur ausnahmsweise eine Fremdbetreuung über die einem Elternteil obliegende Betreuungspflicht hinausgehe und nur in diesem Fall als Mehrbedarf des Kindes anzusehen sind. Ein solcher weitergehender Bedarf der Kinder liegt eben bei den üblichen pädagogisch veranlassten Betreuungen in staatlichen Einrichtungen wie etwa Kindergärten, Schulen und Horten vor.
Dem gegenüber ist ein solcher Bedarf aber dann nicht anzunehmen, wenn die Fremdbetreuung ausschließlich erforderlich wird, um dem betreuenden Elternteil eine Erwerbstätigkeit zu ermöglichen. Im konkreten Fall ging es um die Frage, ob die Kosten der Tätigkeit einer Tagesmutter, die die Kinder im Haushalt des betreuenden Elternteils beaufsichtigte, auch zumindest anteilig von dem anderen Elternteil zu tragen sind. Der Bundesgerichtshof entschied, dass es sich hierbei nicht um eine pädagogisch veranlasste Betreuung von Kindern, die der Sache nach wie in einer staatlichen oder vergleichbaren Privateinrichtung einen Mehrbedarf des Kindes abdeckt, handelt.
Damit verblieb der die Kinder betreuenden Mutter nur die Möglichkeit, bei der Bemessung eines etwaig ihr zustehenden Unterhaltanspruches gegen den Vater, die Kosten der Tagesmutter einkommensmindert zu berücksichtigen. Besteht ein Anspruch auf Ehegattenunterhalt jedoch nicht, so scheidet auch über diesen Weg eine indirekte Kostenbeteiligung des nichtbetreuenden Elternteiles aus.
Die Entscheidung ist auch im Zusammenhang mit dem grundsätzlichen Anspruch von Kindern auf einen Betreuungsplatz zu verstehen. Der Bundesgerichtshof hatte im Jahr 2016 sogar entschieden, dass der zuständige Träger der öffentlichen Jugendhilfe seine Amtspflicht verletzt, wenn er einem anspruchsberechtigten Kind trotz rechtzeitiger Anmeldung keinen Betreuungsplatz zur Verfügung stellt.
Folglich ist genauesten zu überprüfen, ob der betreuende Elternteil für die Kinder eine Fremdbetreuung veranlasst, um eine eigenen Berufstätigkeit ausüben zu können oder diese der besonderen Förderung des Kindes in Kindergärten, Kindertagesstätten oder Horten dient. Dabei ist die Qualifizierung der Betreuungskosten als Mehrbedarf nicht auf die besondere pädagogische Förderung in staatlichen Einrichtungen beschränkt. Auch bei der Förderung in vergleichbaren privaten Einrichtungen, wenn sie über den allgemeinen Betreuungsbedarf und die üblichen Betreuungsleistungen eines Elternteiles hinausgehen oder die weitere Betreuung pädagogisch veranlasst ist, handelt es sich um einen Anspruch des Kindes selbst.
Ob der Bundesgerichtshof mit seiner Entscheidung im Ergebnis Klarheit für solche Fälle geschaffen hat, bleibt abzuwarten. Unumgänglich ist und bleibt die genaue Prüfung des Umfanges als auch der Art der Betreuung der Kinder.
6. November 2017
Pinneberger Tageblatt
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Ehrungen des VfL Pinneberg
Als langjähriges Mitglied und stellvertretende Vorsitzende des VfL Pinneberg, eines der größten Sportvereine Schleswig-Holsteins, durfte Renate Sykosch beim Traditionstreffen zusammen mit dem Vorsitzenden Carsten Lienau Urkunden, Blumen und Verdienstnadeln überreichen. Die silberne Ausführung erhielt u. a. Simone Siebertz-Junck, Mitarbeiterin von Triskatis & Kollegen. Darauf sind wir stolz!
November 2017
Ali Moradzadeh, LL.M.
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht
Reform des Bauvertragsrechts – das neue Verbraucherbauvertragsrecht
Mehr Sicherheit für den Verbraucher
Das Gesetz zur Reform des Bauvertragsrechts tritt mit Wirkung zum 01.01.2018 in Kraft! Der Gesetzgeber führt erstmals den Verbraucherbauvertrag ein. Hierunter fallen Verträge, durch die der Unternehmer von einem Verbraucher zum Bau eines neuen Gebäudes oder zu erheblichen Umbaumaßnahmen an einem bestehenden Gebäude verpflichtet wird. Mit diesen Regelungen zielt der Gesetzgeber besonders auf Bauverträge über die Errichtung schlüsselfertiger Häuser ab, bei denen Verbraucher mit zeitlich befristeten Rabattangeboten zum schnellen Vertragsschluss veranlasst werden sollen.
Zeitgleich mit der neuen Baurechtsreform werden an den Landgerichten spezielle Baukammern gebildet, um die in der Praxis oft jahrelang andauernden Bauprozesse zu beschleunigen.
Baubeschreibung
Wesentlicher Bestandteil des neuen Verbrauchbauvertragsrechts ist die Pflicht des Unternehmers, dem Verbraucher eine Baubeschreibung vorzulegen, die diesen über die wesentlichen Eigenschaften des Bauwerks informiert. Die Anforderungen an die Baubeschreibung sind in Art. 249 § 2 EGBGB aufgeführt. Hierzu gehören u.a. eine allgemeine Beschreibung des herzustellenden Gebäudes oder der geplanten erheblichen Umbaumaßnahmen sowie Grundrisse und Angaben zur Beschreibung der Baukonstruktionen aller wesentlichen Gewerke. Erforderlich sind zudem verbindliche Angaben zur Bauzeit. Eine zusätzliche Vergütung des Unternehmers hierfür ist trotz des hiermit verbundenen Arbeitsaufwandes nicht vorgesehen. Für den Verbraucher bietet diese Pflicht zur Vorlage einer Baubeschreibung in vieler Hinsicht eine Sicherheit, um unklaren mündlichen Absprachen vorzubeugen und dient zugleich zu Dokumentations- und Beweiszwecken. Zweifel bei der Auslegung der geschuldeten Bauleistungen gehen zu Lasten des Unternehmers.
Widerrufsrecht
Für Verbraucher besteht künftig die Möglichkeit, einen Vertrag über Neubauten oder erheblichen Umbaumaßnahmen an einem bestehenden Gebäude innerhalb einer Frist von 14 Tagen zu widerrufen, sofern der Vertrag nicht notariell beurkundet wurde. Der Unternehmer ist nach der neuen Rechtslage verpflichtet, den Verbraucher über sein Widerrufsrecht ausdrücklich zu belehren. Der Inhalt der Widerrufsbelehrung ist an bestimmte Voraussetzungen geknüpft, die der Gesetzgeber durch eine Musterwiderrufsbelehrung vorgegeben hat. Mit der Verwendung dieses Musters genügt der Unternehmer seiner Belehrungspflicht. Jede Abweichung begründet ein erhebliches Risiko für den Unternehmer und kann zur Folge haben, dass in Ermangelung einer ordnungsgemäßen Widerrufsbelehrung, dem Verbraucher ein ewiges Widerrufsrecht zusteht. Allerdings ist der Verbraucher im Falle des Widerrufs verpflichtet, für die bis zum Widerruf entstandenen Kosten aufzukommen.
Textform
Verbraucherbauverträge sind künftig zwingend in Textform abzuschließen. Das war bislang zwar gängige Praxis für Neubauten, nicht aber unbedingt für größere Sanierungsmaßnahmen.
Abschlagszahlung
Die Höhe von Abschlagszahlungen ist nach der neuen Rechtslage begrenzt auf 90 % der vereinbarten Gesamtvergütung einschließlich der Vergütung für Nachtragsleistungen. Im Gegenzug hat der Unternehmer dem Verbraucher für die rechtzeitige Herstellung des Werks ohne wesentliche Mängel bei der ersten Abschlagszahlung eine Sicherheit in Höhe von 5 % der vereinbarten Gesamtvergütung zu leisten. Die von dem Unternehmer verlangte Abschlagszahlung darf nicht die nächste Abschlagszahlung oder 20 % der vereinbarten Vergütung übersteigen. Ziel des Gesetzgebers ist es, die Gefahr verdeckter Vorleistungen abzumildern.
Planungsunterlagen
Der Unternehmer ist künftig gesetzlich verpflichtet, dem Verbraucher bestimmte Unterlagen zu erstellen und herauszugeben, die dieser zur Vorlage bei Behörden oder Kreditinstituten benötigt. Das Fehlen von Unterlagen war in der Praxis immer wieder ein Grund für die Verweigerung der Abnahme durch den Verbraucher. Das ist nun Hauptleistungspflicht des Unternehmers. Zu den wichtigen Unterlagen gehören u.a. Bauplanungsunterlagen und Nachweise für KfW-Fördermittel.
Abnahmefiktion und Anordnungsrecht
Die sog. Abnahmefiktion, wonach Abnahme und somit auch Fälligkeit des Werklohns eintreten, wenn der Unternehmer dem Besteller eine Abnahmefrist setzt und diese Frist fruchtlos verstreicht, wurde modifiziert. Verbraucher müssen künftig auf die Folgen der nicht erklärten oder ohne Angabe von Mängeln verweigerten Abnahme in Textform hingewiesen werden. Der Verbraucher hingegen kann die Abnahmefiktion dadurch verhindern, dass er mindestens einen konkreten Mangel innerhalb der vom Unternehmer gesetzten Frist zur Abnahme anzeigt. Unerheblich ist, ob der gerügte Mangel tatsächlich besteht bzw. wesentlich oder unwesentlich ist. Weiteres Kernstück des neuen Bauvertragsrechts ist das Anordnungsrecht im BGB. Danach kann der Besteller von dem Unternehmer künftig die Erstellung eines Nachtragsangebotes über Mehr- oder Minderleistungen verlangen. In der Praxis führt die unterschiedliche Vorstellung der Beteiligten über eine Mehr- oder Mindervergütung immer wieder zu Rechtsstreitigkeiten. Das dürfte sich durch die neue Gesetzgebung auch künftig nicht ändern.
Fazit
Mit dem Inkrafttreten des neuen Bauvertragsrechts wird eine jahrelange, verbraucherschützende Rechts- und Gerichtspraxis kodifiziert. Vor diesem Hintergrund könnte es für Verbraucher sinnvoll sein, geplante Bauvorhaben erst ab dem 01.01.2018 zu realisieren, um in den Schutz der neuen verbraucherschützenden Vorschriften zu gelangen.
April 2017
Bernd Brahms
Rechtsanwalt und Notar a.D.
Förderung für energetische und barrierereduzierende Maßnahmen sowie Einbruchsschutzmaßnahmen
Sie haben eine gebrauchte Immobilie erworben oder sind Eigentümer einer Immobilie mit älterer Gebäudesubstanz. Da die Energiepreise ständig steigen, Sie eine behagliche Wohnatmosphäre schaffen und auch die CO2-Umweltbelastung reduzieren wollen, möchten Sie die Baulichkeiten energetisch sanieren. Sie wollen sich überdies ein sicheres Zuhause schaffen, weil Sie aus der Presse erfahren haben, dass in einigen Gemeinden in Schleswig-Holstein die Einbruchzahlen bei sinkender Aufklärungsquote dramatisch gestiegen sind (ca. 150.000 Wohnungseinbrüche jährlich in Deutschland bei einer Aufklärungsquote von nur etwa 15%). Dann sollten Sie jetzt handeln und die nicht unerheblichen Aufwendungen durch eine einkommensunabhängige, staatliche (z.T. sogar Doppel-) Förderung verringern. Hierzu einige kurze Hinweise:
1.) Maßnahmen zum Einbruchsschutz
Die KfW Kreditanstalt für Wiederaufbau fördert bis 2017 die Nachrüstung einbruchshemmender Haus / Wohnungsabschlusstüren (mit sog. RC 2-Standard), von Fenster, Rollläden, Gittern und Alarmanlagen mit 10 % des Investitionsvolumens von mindestens 500,00 EUR und max. 15.000,00 EUR, sodass die Maximalförderung auf 1.500,00 EUR begrenzt ist. Die Förderung kann von privaten Eigentümern und Mietern von 1- und 2-Familienhäusern sowie Eigentumswohnungen beantragt werden. Der vor dem Maßnahmenstart zu stellende Antrag kann im Internet eingereicht werden. Die zweckgebundene Bewilligung erfolgt sofort per E-Mail. Der spätere Nachweis der Vorhabendurchführung ist bis einschließlich 26.12.2017 im Zuschussportal zu stellen. Die Auszahlung erfolgt dann etwa binnen Monatsfrist. Nach Fristablauf verfällt der Anspruch automatisch und unwiderruflich.
2.) Modernisierungszuschuss der IB.SH Investitionsbank Schleswig-Holstein, Kiel
Gefördert werden im Rahmen dieses Programmes energetische Maßnahmen zur CO2-Einsparung, barrierereduzierende Maßnahmen und hier nochmals zusätzlich Maßnahmen zum Einbruchsschutz. Der Zuschuss beträgt 20% des Investitionsvolumens, wobei dieses bei unterschiedlichen Maßnahmen auch unterschiedlich hoch sein muss und einer unterschiedlichen Kappungsgrenze unterliegt. Der Zuschuss wird auch für Kombinationen aus obigen Maßnahmen und unabhängig von, d.h. neben einer KfW-Förderung bewilligt, sodass insgesamt unter Beachtung der Förderungshöchstgrenzen ein Zuschuss von bis zu 30% des Investitionsvolumens im Einzelfall in Betracht kommt.
a) Einbruchschutz: Das Objekt muss in bestimmten einbruchsgefährdeten Gemeinden in Schleswig-Holstein liegen. Im Kreis Pinneberg handelt es sich um die Gemeinden Elmshorn, Halstenbek, Helgoland, Pinneberg, Quickborn, Schenefeld, Tornesch oder Wedel. Das Investitionsvolumen muss mindestens 2.000,00 EUR betragen. Der Zuschuss wird bei 1.600,00 EUR gekappt, sodass Investitionen über 8.000,00 EUR nicht förderungsfähig sind.
b) Der Zuschuss für energetische oder barrierereduzierende Maßnahmen wird gemeindeunabhängig in Schleswig-Holstein gewährt. Das Investitionsvolumen muss mindestens 12.000,00 EUR betragen. Der 20%ige Höchstzuschuss beträgt allerdings lediglich 2.000,00 EUR, so dass nur 10.000,00 EUR des Investitionsvolumens bezuschussungsfähig sind. Ein auch für Energieausweisausstellung zuständiger Sachverständiger ist vorab einzuschalten.
c) Der Antrag zu a) und b) muss vor Maßnahmendurchführung gestellt werden.
Anträge sind im Internet erhältlich und sind ausgefüllt sowie unterzeichnet an die IB.SH bzw. deren Geschäftsstellen in Elmshorn, Flensburg, Lübeck oder Kiel zu senden. Zur Authentifizierung sollte eine Kopie des Personalausweises des Antragstellers beigefügt werden. Antragsberechtigt sind private Eigentümer einer selbstgenutzten Immobilie. Der Antrag wird zeitnah durch einen Zuwendungsbescheid beschieden, der den zweckgebundenen Zuwendungsbetrag ausweist und dem ein zurückzusendender Rechtsbehelfsverzicht, der später auszufüllende Auszahlungsantrag und das vom ausführenden Fachbetrieb zu gegebener Zeit zu ergänzende und zu unterzeichnende Verwendungsnachweisblatt beiliegt. Der Zuschuss wird nach so nachgewiesener Fertigstellung der Maßnahmen gewährt.
Als Beispiel einer Doppelförderung durch KfW und IB.SH mag folgender Sachverhalt dienen: Einbau einer Hauseingangstür mit RC 2-Standard mit einem Investitionsvolumen von 12.000,00 EUR. Die IB.SH zahlt 20% bei max. 1.600,00 EUR Höchstförderung, die KfW zahlt weitere 1.200,00 EUR, d.h. 10% aus dem Investitionsvolumen, da hier die Kappungsgrenze von 15.000,00 EUR nicht greift. Die Gesamtförderung beträgt also im Beispielsfall wegen der Kappungsgrenzen 2.800,00 EUR bei einem Investitionsvolumen von 12.000,00 EUR, d.h. 23,33 % der Investitionen. Dies erleichtert die ohnehin sinnvolle Investition auch finanziell.
Wegen aller Einzelheiten informieren Sie sich im Vorfeld Ihrer Überlegungen direkt bei den beiden Förderungsträgern, die Ihnen umfassend und verbindlich Auskunft hinsichtlich Ihres Vorhabens erteilen.
Viel Erfolg bei der Inanspruchnahme der Fördermittel!
Bernd-Hinrich Brahms,
Rechtsanwalt und Notar a.D.